Selbsterhaltungsfähigkeit
Wer nicht selbsterhaltungsfähig ist, hat grundsätzlich Anspruch auf Unterhalt. Die Selbsterhaltungsfähigkeit wird grundsätzlich mit Abschluss der Berufsausbildung angenommen. Anspruch auf eine weiterführende Berufsausbildung (z.B. Studium) hast du, wenn du die Voraussetzungen erworben hast (z.B. Matura, Studienberechtigungsprüfung).
Die Eltern müssen ihren Kindern alle notwendigen Ausgaben während der Ausbildung bezahlen; zwar abhängig von ihren Einkommens- und Lebensverhältnissen, aber unabhängig vom sozialen Status oder der eigenen Ausbildung. Die Unterhaltspflicht endet nicht mit einer bestimmten Altersgrenze, sondern mit der Selbsterhaltungsfähigkeit. Diese liegt eigentlich erst mit Ende des Studiums vor.
Eignung zum Studium
Mit einer Reife- oder Studienberechtigungsprüfung wird die Eignung zum Studium angenommen. Unterhaltsberechtigt (also nicht selbsterhaltungsfähig) bist du nur dann, wenn das Studium „ernsthaft und zielstrebig“ betrieben wird. Auch hier gibt es keine genauen Stundenzahlen die vorgeschrieben sind, jedoch wird von der Rechtssprechung grundsätzlich die „durchschnittliche Studiendauer“ zur Beurteilung verwendet.
Studienwechsel
Ein einmaliger Studienwechsel wird von der Rechtssprechungspraxis toleriert und schmälert nicht den Anspruch auf Unterhalt. Ein mehrmaliger Studienwechsel wird jedoch nicht akzeptiert, außer es liegen besondere Rechtfertigungsgründe vor.
Studienwechsel, die für die Familienbeihilfe und die Studienbeihilfe als „schädlich“ gelten, (also nach mehr als zwei Semestern) wirken sich auch negativ auf den Unterhaltsanspruch aus. In diesem Fall werden dann die bereits verbrauchten Semester von der Anspruchsdauer abgezogen.
Beispiel 1:
Du wechselst nach zwei Semestern Jus auf BWL – die durchschnittliche Studiendauer von BWL beträgt 11 Semester – der Unterhaltsanspruch bleibt nach dem Wechsel noch 11 Semester aufrecht.
Beispiel 2:
Du wechselst nach vier Semestern Jus auf BWL – in diesem Fall werden die zwei Semester, die bereits „überschüssig“ verbraucht wurden, von der Anspruchsdauer abgezogen. Bei einer durchschnittlichen Studiendauer von 11 Semestern bleibt der Unterhaltsanspruch also nur mehr 9 Semester aufrecht.
Höhe der Unterhaltsverpflichtung
Die Höhe des Unterhalts ist im Gesetz nicht geregelt. Die Rechtssprechung hat aber auch hier Grundsätze für die Berechnung der Höhe entwickelt. Dazu ist zunächst zwischen dem Naturalanspruch und dem Geldanspruch zu unterscheiden.
Naturalanspruch
Der Unterhalt wird bei gemeinsamem Haushalt (sprich: du wohnst bei den Eltern/einem Elternteil) grundsätzlich in Naturalien geschuldet (also: du darfst dort wohnen, bekommst Essen, saubere Wäsche etc.).
Geldanspruch
Geldanspruch besteht gegenüber jenem Elternteil, mit dem man nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Vor allem für „Scheidungskinder“ wurden bestimmte Prozentsätze entwickelt.
So stehen Kindern zwischen:
- 0 und 6 Jahren 16%
- zwischen 6 und 10 Jahren 18%
- zwischen 10 und 15 Jahren 20%
- über 15 Jahren 22% (für Studierende relevant)
des Einkommens des_der Unterhaltsschuldner_in (also des Elternteils, der nicht im gemeinsamen Haushalt lebt) zu. Dieser Prozentsatz verringert sich, wenn der_die Unterhaltsschuldner_in noch andere Unterhaltsverpflichtungen (andere Kinder oder Ehepartner_in) hat:
- um je 1 % für Kinder unter 10 Jahren
- um je 2 % für Kinder über 10 Jahren
- um 1-3 % für Ehepartner_innen – abhängig von der Berufstätigkeit.
- Die Höhe des Unterhalts wird normalerweise mit dem 2,5-fachen „Regelbedarf“ (ein vom Finanzamt bestimmter Finanzbedarf für ein Durchschnittskind einer bestimmten Altersklasse. Im Moment ca. 1.300 € für Studierende über 19 Jahren) begrenzt.
Die Unterhaltspflicht ist eine primäre Verpflichtung der Eltern. Das heißt: Zuerst müssen sie Unterhalt bezahlen, dann erst andere Verpflichtungen (zum Beispiel Kredite).
Eigenes Einkommen
Während des Studiums besteht keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Eltern können ihr studierendes Kind grundsätzlich nicht zwingen zu arbeiten und sich damit den Unterhalt selbst zu verdienen.
Jedoch hat sich in der Rechtssprechung die Praxis ergeben, dass je nach dem Einkommen der Eltern für Studierende aus einfachen Verhältnissen Erwerbsarbeit (z.B. in den Sommermonaten) als zumutbar gilt.
Wenn ein eigenes Einkommen erzielt wird, kann dieses den Unterhalt vermindern. Durch den eigenen Verdienst verringert sich nämlich der Bedarf, den du gegenüber den Eltern geltend machen kannst.
Selbsterhaltungsfähigkeit und somit gänzlicher Verlust irgendwelcher Unterhaltsansprüche wird bei einem Verdienst über dem Ausgleichszulagenrichtsatz (933,06 € – Stand 2019) angenommen.
Folgen von Heirat oder Präsenz-/Zivildienst
Die Hochzeit wird leider immer noch oft als Argument verwendet, keinen Unterhalt mehr zu zahlen: Der Brautvater eröffnet seinem Kind, nach der Heirat keinen Unterhalt mehr zahlen zu wollen, denn wer eine Ehe führt, sei erwachsen und müsse sich selbst ernähren.
Prinzipiell geht tatsächlich nach einer Heirat die Unterhaltsverpflichtung der Eltern auf den_die Partner_in über. Dies aber nur dann, wenn er_sie über ein entsprechendes Einkommen verfügt und somit ausreichenden Unterhalt leisten kann.
Dies ist dann der Fall, wenn der Anspruch auf Familienbeihilfe infolge der Heirat (wenn der_die Ehepartner_in ein zu hohes Einkommen hat) nicht mehr gegeben ist.
Wenn beide Eheleute studieren, ist dies in der Regel nicht der Fall, damit bleibt die Unterhaltsverpflichtung der Eltern aufrecht.
Grundsätzlich besteht während des Präsenz-/Zivildienstes kein Anspruch auf Unterhalt, da davon ausgegangen wird, dass in diesem Fall der Staat die Unterhaltskosten deckt.
Dies ist natürlich in Wahrheit nicht der Fall, kein Präsenzdienstleistender kann sich mit knapp 300 € und einer Unterkunft in einer Kaserne selbst erhalten.
Recht auf eine eigene Wohnung?
Ab Erreichen der Volljährigkeit hast du die Möglichkeit zu leben wo und wie du willst. Die Eltern sind aber nur dann zur Zahlung der Mehrleistung (Miete deiner eigenen Wohnung) verpflichtet, wenn du nicht im gemeinsamen Haushalt leben kannst, da z.B. die tägliche Anreise zum Studienort nicht zumutbar ist.
Auszahlung
Der Unterhalt (sofern es sich um einen Geldanspruch handelt) muss direkt an das volljährige Kind überwiesen werden – nur bei Minderjährigen ist eine Auszahlung an den_die gesetzliche_n Vertreter_in möglich.
Verzicht auf Unterhalt
Unterhaltsansprüche des Kindes sind unverzichtbare Ansprüche. Unterhaltsfragen sind meist schwierig zu klären, weil es nicht nur um Geld, sondern auch um die eigene familiäre Situation geht, die oftmals (vor)belastet ist.