GESCHICHTE

Wessen Morgen ist der Morgen? Wessen Welt ist die Welt?

- Bertolt Brecht

1883 gründete sich als erste Vorläuferorganisation des Verband Sozialistischer Student_innen Österreichs (VSStÖ) in Wien die „Freie Vereinigung Sozialistischer Studenten“ mit Gründungsobmann Max Adler. Dieser Diskussionszirkel, in dem sich Studierende wie Käthe Leichter, Alfred Adler, Karl Renner und viele andere zusammentaten, war die erste Gruppe von Studierenden, die mit den Zielen der jungen Arbeiter_innenbewegung sympathisierte.

Schon damals war der Kampf für einen offenen und freien Hochschulzugang , für eine demokratische Universität sowie der Kritik an der bürgerlichen Wissenschaft eine wichtige Rolle zu, außerdem nahmen die sozialistischen Student_innen regen Anteil am politischen Geschehen. Hier waren sie maßgeblich im Kampf um die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und beteiligten sich an Initiativen gegen den Ersten Weltkrieg, weswegen der Verband von den Behörden während des Krieges zeitweise verboten wurde.

Erste Republik


1917 wurde mit Anna Frey die erste Frau Obfrau der „Freien Vereinigung sozialistischer Studenten“.

Als Reaktion auf den Widerstand des VSStÖ gegen deutschnationale und antisemitische Umtriebe an Österreichs Universitäten wurde der Verband von universitären Entscheidungsträgern bekämpft und Mitglieder systematisch diskriminiert.

Im Austrofaschismus wurde der Verband verboten. Mitglieder des VSStÖ fielen im österreichischen Bürger_innenkrieg des Februar 1934 und in den internationalen Brigaden im Spanischen Bürger_innenkrieg 1936 bis 1939 im Kampf gegen den Faschismus. In den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur wurden viele VSStÖler_innen ins Exil vertrieben oder beteiligten sich am Widerstand gegen Faschismus und Krieg.

Nach 1945


Nach der Niederlage des Nationalsozialismus nahm der VSStÖ seine Tätigkeit in der von konservativen Kräften beherrschten Universitätspolitik wieder auf, versuchte aber auch verstärkt auf hochschulpolitische und gesellschaftliche Entwicklungen Einfluss zu nehmen.

So kämpfte der VSStÖ gegen die Rückkehr von Nazis an die Hochschulen und die Verbreitung von nazistischem Gedankengut in Lehrveranstaltungen an. Mitte der sechziger Jahre schrieb beispielweise der damalige VSStÖler und spätere Finanzminister Ferdinand Lacina die antisemitischen Äußerungen des Wiener Wirtschaftsprofessors Taras Borodajkewycz in einer Vorlesung mit. Nach politischen Turbulenzen und heftigen Protesten, die vor allem auf Wirken des späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer ins Rollen kamen, wurde 1965 bei einer Demonstration der ehemalige KZ-Häftling und Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger von einem Burschenschafter erschlagen. Kirchweger, der selbst an der Demonstration gar nicht teilnahm, ist das erste Todesopfer politischer Gewalt in der Zweiten Republik. Daraufhin musste Taras Borodajkewycz abtreten.